Wenn das Berliner Testament ins Wanken gerät: Praxistipp gegen Folgeänderungen nach Wiederheirat
- Dr. Nico Schmied
- vor 16 Minuten
- 2 Min. Lesezeit
In meiner Kanzlei erlebe ich häufig denselben Fall: Eheleute errichten gemeinsam ein Berliner Testament, in der festen Absicht, dass zunächst der überlebende Partner alles erhält und danach die gemeinsamen Kinder erben. Nach dem frühen Tod des Mannes knüpft die Witwe jedoch eine neue Partnerschaft – und möchte die einstigen Verfügungen zu Ungunsten der Kinder ändern. So verhindern Sie solche unfreiwilligen Erbumbrüche.
Praxisfall: Zwischen Treueeid und Neuanfang
Frau K. und Herr K. legten 2005 ein Berliner Testament nieder: „Alles dem Letztversterbenden, danach zu gleichen Teilen den Kindern.“2018 stirbt Herr K. unerwartet. Drei Jahre später lernt Frau K. Herrn S. kennen und plant, ihr gesamtes Vermögen nun ihm zu vererben. Die Kinder entdecken dies zu spät – das Berliner Testament wurde widerrufen, sie stehen mittellos da.
Warum das Berliner Testament oft gekippt wird
Einseitiger Widerruf: Nach dem Todesfall kann der Überlebende das gemeinschaftliche Testament jederzeit aus freien Stücken ändern oder ganz aufheben.
Fehlende Bindungswirkung: Anders als im Erbvertrag fehlt beim Berliner Testament eine gegenseitige Vertragsbindung.
Emotionale Neuorientierung: Der Wunsch nach „Neuanfang“ verleitet zum Rückgängigmachen einstiger Abreden.
Gestaltungsmöglichkeiten, um Wechselwirkungen zu binden
1. Wiederverheiratungsklausel
Sie legen im Berliner Testament fest, dass mit Wiederheirat oder Aufnahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sämtliche bisherigen Verfügungen in Teil- oder Gänze unwirksam werden.
Beispiel: „Sollte der Überlebende erneut heiraten oder in einer Lebenspartnerschaft leben, so gilt dieser Nachlass als vorweggenommenes Erbe der Kinder.“
2. Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung
Schließen Sie mit den Kindern einen Pflichtteilsverzicht ab und zahlen Sie eine angemessene Abfindung. Damit sind künftige Herausforderungsansprüche ausgeschlossen – auch nach Änderung des Testaments.
Der Verzicht wird notariell beurkundet und sichert den Kindern feste Beträge unabhängig vom letzten Willen des Überlebenden.
3. Erbvertrag statt Berliner Testament
Ein notarieller Erbvertrag bindet beide Ehegatten: Änderungen sind nur mit Zustimmung beider Partner möglich und nach dem Tod des ersten Ehegatten weitgehend ausgeschlossen.
Der Erbvertrag kann mit Nacherbenregelungen arbeiten: Die Kinder werden als Nacherben eingesetzt, sobald der Überlebende stirbt oder wieder heiratet.
Zusätzliche Instrumente zur Absicherung
Testamentsvollstrecker ernennen: Neutraler Dritter wacht über den letzten Willen und verhindert eigenmächtige Änderungen.
Stiftungsmodell: Gründen Sie – gemeinsam mit den Kindern – eine Familienstiftung, die das Vermögen im Sinne des Erblassers verwaltet.
Regelmäßige Beratung: Lassen Sie Testament oder Erbvertrag alle fünf Jahre überprüfen, insbesondere bei neuen Lebensabschnitten.
Fazit
Ein Berliner Testament ist ein bewährtes Instrument, birgt aber nach dem Todesfall erhebliche Änderungsrisiken. Mit Wiederverheiratungsklausel, Pflichtteilsverzicht oder noch besser einem Erbvertrag können Sie dafür sorgen, dass die ursprünglich gewünschten Erben – insbesondere Ihre Kinder – auch gegen spätere Bandabbrüche abgesichert bleiben. Lassen Sie sich rechtzeitig notariell beraten und vermeiden Sie böse Überraschungen nach dem ersten Trauerjahr.
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