Enterbung: Was bedeutet sie – und was bleibt vom Erbe?
- Hendrik M. Teschner
- 28. Juli
- 2 Min. Lesezeit
"Ich will, dass mein Vermögen nach meinem Willen verteilt wird." – Diesen Satz
hören wir als Rechtsanwälte häufig. Doch was passiert, wenn gesetzliche Erben vom
Nachlass ausgeschlossen werden sollen? Die Antwort lautet: Enterbung. Wer nicht
möchte, dass bestimmte Angehörige erben, kann sie enterben – jedoch mit
Einschränkungen.
Was bedeutet Enterbung?
Unter einer Enterbung versteht man den Ausschluss eines gesetzlichen Erben von
der gesetzlichen Erbfolge. Dies geschieht meist dann, wenn ein Erblasser
ausdrücklich regeln möchte, wer nicht erben soll – etwa aus persönlichen, familiären
oder finanziellen Gründen.
Wichtig: Die gesetzliche Erbfolge tritt nur dann in Kraft, wenn es kein Testament
oder keinen Erbvertrag gibt. Wer also gezielt eine Enterbung durchsetzen möchte,
muss dies aktiv regeln.
Wann ist eine Enterbung sinnvoll?
Eine Enterbung kann z. B. in folgenden Fällen sinnvoll oder notwendig sein:
• Zerrüttetes Verhältnis zu Kindern oder anderen Angehörigen
• Ungleichverteilung von Vermögen – z. B. bei bereits erfolgten größeren
Schenkungen zu Lebzeiten
• Schutz von Patchwork-Familienstrukturen
• Absicherung von unternehmerischem Vermögen
• Individuelle familiäre Konstellationen, bei denen gesetzliche Erbregelungen
nicht passen
Wie nehme ich eine Enterbung wirksam vor?
Eine Enterbung kann nur durch ein Testament oder einen notariellen
Erbvertrag rechtswirksam vorgenommen werden. Mündliche Absprachen oder
handschriftliche Notizen ohne klare Form reichen nicht aus.
Möglichkeiten zur Enterbung:
• Einseitiges Testament: Der Erblasser verfasst ein gültiges Testament und
setzt andere Personen als Erben ein.
• Erbvertrag: Hier wird die Enterbung vertraglich, meist mit Zustimmung anderer
Beteiligter, geregelt.
• Negativtestament: Im Testament kann auch ausdrücklich formuliert
werden, wer nicht erben soll.
Tipp: Wer eine Enterbung plant, sollte sich rechtlich beraten lassen – Formfehler oder
unklare Formulierungen können das Vorhaben unwirksam machen.
Besteht trotz Enterbung ein Anspruch auf einen Teil des Erbes?
Ja. Das deutsche Erbrecht kennt den sogenannten Pflichtteilsanspruch. Dieser
schützt bestimmte Angehörige – wie Kinder, Ehegatten oder unter Umständen Eltern
– davor, vollständig vom Erbe ausgeschlossen zu werden.
Was ist der Pflichtteil?
• Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
• Er wird nicht in Form von Vermögensgegenständen, sondern
als Geldanspruch ausgezahlt.
• Der Anspruch entsteht sofort mit dem Erbfall – er muss jedoch vom
Enterbten aktiv eingefordert werden.
💡 Beispiel: Ein Kind, das enterbt wurde und eigentlich gesetzlich Anspruch auf ¼
des Erbes hätte, kann dennoch ⅛ des Nachlasswertes als Pflichtteil verlangen – in
bar.
Kann der Pflichtteil auch entzogen werden?
Nur in streng geregelten Ausnahmefällen. Ein Pflichtteilsentzug ist etwa möglich bei
schweren Straftaten gegenüber dem Erblasser oder vorsätzlicher Pflichtverletzung.
Die Hürden dafür sind jedoch hoch – eine gute rechtliche Beratung ist hier unerlässlich.
Fazit: Enterbung ist möglich – aber mit rechtlichen Grenzen
Wer gesetzliche Erben ausschließen möchte, muss vorsichtig und
formwirksam vorgehen. Gleichzeitig sollten Sie wissen, dass der Pflichtteil
bestimmten Angehörigen trotzdem zusteht. Um Streitigkeiten, Formfehler und spätere
Anfechtungen zu vermeiden, sollten Sie sich frühzeitig rechtlich beraten lassen
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